Kolloide sind kleine Teilchen oder Tröpfchen, die fein in einem Dispersionsmedium wie zum Beispiel Wasser verteilt sind. Sie weisen besondere Eigenschaften auf und treten gerade in biologischen Systemen auf: Blut oder Milch sind Beispiele für kolloidale Suspensionen.
Buttinoni nutzt nano- und mikrometergroße Partikel, um einfache experimentelle Modelle zu konstruieren, mit denen er die Physik komplexerer Systeme – wie lebenden Organismen – studieren kann. Er arbeitet mit seiner Forschungsgruppe dazu mit Lipidverbindungen, harten Mikrokugeln und weichen Hydrogelen, die er mit Videomikroskopen beobachtet und mit Laserstrahlen als „optischen Pinzetten“ manipuliert.
Zu seinen zwei Hauptforschungsthemen führt Prof. Buttinoni aus: „Um aktive Materie zu untersuchen, stellen wir selbstangetriebene Mikropartikel her, die in wässrigen Medien schwimmen. Wir verwenden sie, um die aktive Bewegung lebender Mikroorganismen nachzuahmen. Daneben interessieren wir uns für biologische Grenzflächen. Die mechanischen Eigenschaften von modellhaften Lipidschnittstellen erlauben uns, das Verhalten von Biomembranen zu verstehen, die etwa Zellen voneinander abgrenzen.“
Diese Forschungsgebiete sind sowohl für die Biologie als auch für die Medizin von Interesse. Aktuell untersucht die Arbeitsgruppe beispielsweise, wie sich Mikroplastik auf die mechanische Leistungsfähigkeit von Lungenoberflächenschichten auswirkt oder wie die Schwerkraft die Fluidität von Zellmembranen beeinflusst. Buttinoni: „Wir wollen verstärkt mit den Kollegen in den anderen Disziplinen zusammenarbeiten, um unsere physikalischen Expertisen für biologische und medizinische Fragestellungen einzubringen.“
Zur Person
Ivo Buttinoni (geboren 1984 in Treviglio in Italien) studierte Energietechnik (Bachelor) und Nuklearwissenschaft (Master) an der Politecnico di Milano in Italien. Im Jahr 2013 promovierte er im Fach Physik an der Universität Stuttgart mit der Arbeit „Self propelled particles driven by light“. Als Postdoc arbeitete er anschließend an der ETH Zürich in der Schweiz und dann an der University of Oxford im Vereinigten Königreich. 2020 wurde er zum W1-Professor an die HHU berufen, am 31. Juli 2024 wurde er zum W2-Professor für Experimentelle Kolloidphysik an der HHU ernannt.
Prof. Buttinoni erforscht weiche und aktive Materie. Er setzt unter anderem selbstangetriebene Mikropartikel als Modelle für biologisch aktive Materialien ein, untersucht Selbstorganisationsprozesse von Kolloiden, die Manipulierbarkeit von kolloidalen Teilchen durch Laser und will die strukturellen, dynamischen und mechanischen Eigenschaften an Grenzflächen verstehen. Er veröffentlichte bisher 23 Beiträge in begutachteten Fachzeitschriften, unter anderem in Physical Review Letters, Soft Matter, PNAS und Nature Communications. Für seine Forschungen erhielt er 2017 ein Marie Skłodowska-Curie Individual Fellowship des Europäischen Forschungsrats.